Individuelle Mobilität ist von hoher Bedeutung und ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität. Besonders für Senioren erleichtert das eigene Auto den Alltag sehr. Aber welche persönlichen Veränderungen beeinflussen die Fahrtauglichkeit und wie kann man Risiken begegnen?
Die Straßenverkehrsordnung enthält keine Altersbeschränkung für den Besitz des Führerscheins. Zum Beibehalten eines unabhängigen Lebens zögern Menschen die Entscheidung, sich von ihrem Auto zu trennen, oft hinaus. Gründe dafür gibt es genug, denn Einkäufe, Apotheken und Arztbesuche, oder Besuche bei Freunden und Familie sind mit dem eigenen Auto schnell und bequem zu erledigen.
Besonders für Menschen in ländlichen Regionen ist das Autofahren unverzichtbar und entscheidend für die eigene Lebensqualität. Die große Herausforderung besteht darin den Menschen Mobilitätsalternativen zum Individualverkehr zu bieten. Städten und Ballungsräumen fällt es leichter die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs attraktiv zu gestalten, aber auch Gemeinden entwickeln Lösungen wie Rufbusse, Mitfahrdienste oder Seniorentaxis für den ländlichen Raum.
Die geburtenstarken Jahrgänge, die lebenslang mit dem eigenen Auto gefahren sind, gehen in den Ruhestand. Der bessere Gesundheitszustand und individuellere Lebensstil werden künftig zu einem höheren Anteil älterer Verkehrsteilnehmer führen. Besonders in ländlichen Regionen, mit weniger gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, ist eine Zunahme des Anteils älter Autofahrer vorhersehbar. Aber auch hier stellt sich mit zunehmendem Alter irgendwann die Frage, kann ich mein Auto noch sicher im Verkehr führen? Aktuelle Statistiken zeigen, dass erst ab einem Alter von 75 Jahren das fahrleistungsbezogene Unfallrisiko stärker ansteigt.
Aufgrund des verbreiteten Führerscheinbesitz werden in Zukunft noch mehr Senioren im Verkehr teilnehmen. Und auch für junge Frauen und Männer ist es trotz hoher Kosten weiterhin eine Selbstverständlichkeit, die Fahrerlaubnis zu erwerben. Damit wird der Anteil der Führerscheinbesitzer sich weiter in Richtung der 100 % entwickeln.
Viele Senioren nehmen aktiv am Straßenverkehr teil. Sie vertrauen dabei ihren eigenen Fahrkünsten und unterschätzen die sich schleichend einstellenden Einschränkungen aufgrund der nachlassenden Sehstärke, Hörfähigkeit, Beweglichkeit und des abnehmenden Reaktionsvermögens.
Die Fragestellung, bis wann Senioren Autofahren sollten, taucht immer wieder auf, und führt zu kontroversen Diskussionen. Statistisch gesehenen verursachen ältere Fahrer zwar seltener Unfälle als junge Fahrer. Es stimmt aber auch, aber das Risiko für Unfälle mit zunehmendem Alter Jahren deutlich steigt.
Insbesondere komplexe Fahrsituationen sind mit zunehmendem Alter schwerer zu bewältigen. Häufigste Unfallursachen bei älteren Fahrern sind Vorfahrtsfehler und Fehler bei Fahrmanövern, wie Abbiegen, Rückwärtsfahren, Wenden, Ein- und Anfahren. Die persönliche Ursache liegt dann zumeist in den altersbedingten Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit.
In Deutschland sind Untersuchungen bisher nicht erforderlich. In den Niederlanden und Portugal, gibt es jedoch bereits regelmäßige Fahrtauglichkeitstests für Senioren.
Im Zuge der größeren Anzahl älterer Verkehrsteilnehmer ist davon auszugehen, dass die Diskussion zur Einführung obligatorischer Tests weiter zunehmen wird. Bisher gibt es in Deutschland aber noch keine konkreten Pläne in diese Richtung.
Befürworter sprechen sich für die Durchführung von Tests für die Fahrtauglichkeit aus. Diese Tests sollen potenzielle Mängel wie eingeschränkte Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit oder Bewegungseinschränkungen erkennen.
Für Gegner solcher Tests, ist nicht das Alter allein entscheidend. Für sie sind Erfahrung und vorausschauendes Fahren oft wichtiger als das Alter des Fahrers.
Bislang mangelt es an einheitlichen Maßstäben und Kriterien, wie im Einzelfall bestimmt werden soll, welcher Grad oder Einschränkung der Fahreignung vorliegt und ob oder wie vorhandene Eignungsmängel kompensiert werden können.
Es bleibt also abzuwarten, wie künftige Entscheidungen in dieser Sache aussehen werden.
Ein hohes Lebensalter allein, spricht nicht gegen das Autofahren und die Teilnahme am Straßenverkehr. Unabhängig vom Alter muss sich jeder Verkehrsteilnehmer kritisch mit den eigenen Fähigkeiten auseinandersetzen.
Wichtig ist,die eigenen Veränderungen wahrzunehmen und zu wissen, welche Relevanz die Veränderungen für das Autofahren und andere Verkehrsteilnehmer bedeuten können.
Einschränkungen treten bei jedem individuell und zeitlich sehr unterschiedlich auf. Das Alter allein sagt deshalb wenig über die tatsächlichen körperlichen und geistigen Fähigkeiten eines Menschen aus. Die Wahrscheinlichkeit für altersbedingte Einbußen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit nimmt aber bei jedem mit zunehmendem Alter zu.
Einschränkungen beim Sehen
Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich bei uns allen die Sehfähigkeit. Oft beginnt das bereits früher, weshalb für alle Autofahrer regelmäßige Sehtests zu empfehlen sind. Bei allen Menschen nimmt die Fähigkeit zur Naheinstellung mit dem Alter ab. Diese Altersweitsichtigkeit führt dazu, dass Gegenstände in der Nähe unscharf wahrgenommen werden. Das kann aber durch Sehhilfen ausgeglichen oder gemindert werden.
Durch Austrocknung der Augen kommt es zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit und Blendwirkung. Die Verkleinerung des Pupillendurchmessers vermindert zudem die Sehschärfe in der Dämmerung. Zusätzlich nimmt die Geschwindigkeit bei der Anpassung der Pupillenöffnung an verschiedene Lichtstärken (Hell-Dunkel) im Alter ab.
Nachtfahrten werden daher als schwieriger wahrgenommen. Durch moderne Scheinwerfer kann das Autofahren im Dunkeln erleichtert werden. LED- oder Xenonscheinwerfern und auch Kurvenlichter sind hier sehr hilfreich, um das Sichtfeld besser auszuleuchten.
Muskulatur und Knochen
Beweglichkeit und Körperkraft nehmen mit zunehmendem Alter ab. Krankheiten wie Arthrose schränken die Beweglichkeit weiter ein. Ein Schulterblicke ist häufig nur noch eingeschränkt möglich, und das Ein- und Aussteigen oder das Durchführen von Fahrmanövern wie Wenden oder Einparken sind ebenfalls erschwert. Abhilfe bieten hier höhere Fahrzeuge mit ausreichendem Türöffnungswinkel, gut einstellbare Autositze und Weitwinkelspiegel.
Leistungsfähigkeit
Im hohen Alter benötigen ältere Menschen für Mehrfachreaktionsaufgaben sowohl bei der Entscheidung als auch der der Ausführung länger als junge Menschen. Dies deutet auf altersbedingte Einbußen hinsichtlich der Geschwindigkeit in der Informationsverarbeitung hin.
Vor allem bei unvertrauten Situationen tritt eine Verschlechterung der Aufmerksamkeitsleistung auf, die bei vertrauten Situationen kaum zu beobachten ist. Deshalb fahren ältere Menschen auf vertrauten Strecken meist sicherer als auf Ihnen unbekannten Strecken.
Eine Abnahme der geteilten Aufmerksamkeit kann beispielsweise dann problematisch werden,wenn sich Senioren in einer fremden Stadt orientieren und gleichzeitig auf den fließenden Verkehr achten müssen.
Menschen sind bis ins hohe Alter lernfähig, so dass kognitive Leistungsverringerungen bis zu einem gewissen Grad durch Training kompensiert werden können.
Persönlichkeit
Einige Persönlichkeitsmerkmale wie Dominanz, Risikobereitschaft, Emotionalität und Aggressivität nehmen mit zunehmendem Alter meist ab. Das führt zu einem insgesamt ruhigeren Fahrstil.
Krankheiten und Medikamente
Das Alter geht mit höherer Wahrscheinlichkeit von Erkrankungen einher. Typisch sind hier Diabetes Mellitus, Morbus Parkinson, Demenzerkrankungen, Herz- und Gefäßerkrankungen und Rheuma.
Unabhängig vom Alter ist die Einnahme von Medikamenten ist oft Voraussetzung für die Erhaltung der Fahrtauglichkeit kann aber andererseits auch erhebliche Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit haben.
Kompensation im Fahrverhalten
Altersbedingte Beeinträchtigungen werden oft durch eine angepasste Fahrweise kompensiert. Das erstreckt sich sowohl auf Entscheidungen vor Antritt der Fahrt als auch auf Handlungen während der Fahrt. Ältere Menschen vermeiden oftmals dichten Verkehr oder gefährlich eingeschätzte Kreuzungen und bevorzugen bekannte und kürzere Strecken. Sie wählen geringere Fahrgeschwindigkeiten und Beschleunigung, halten einen größeren Sicherheitsabstand und sind vorsichtiger bei engeren Kurven, um insgesamt besser auf gegebene Situationen reagieren zu können.
Die Wahrnehmung eigener Defizite ist für alle Menschen schwierig einzugestehen und so beurteilen Menschen ihr Fahrvermögen häufig als zu positiv. Gerade ältere Personen, stufen sich statisch überdurchschnittlich oft als gute Fahrer/innen ein.
Fahrerinformation und -assistenz
Moderne Autos verfügen über umfassende Informations- und Assistenzsysteme, die Fahrer/innen vielfältige Funktionen anbieten. Sie bieten Unterstützung bei schwierigen Manövern, warnen den Fahrer vor möglichen Gefahrensituationen und erhöhen so die Verkehrssicherheit. Die Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers kann so auf relevante Ereignisse gerichtet werden. Besonders Notbremsassistenten, Abstands-und Spurhaltesysteme sowie Parkassistenten sind hier hilfreich, da diese Aspekte des Autofahrens übernehmen, die häufig von altersbedingten Leistungsdefiziten betroffen sind.
Einparkhilfen helfen Fahrern, die möglicherweise mit eingeschränkter Beweglichkeit zu kämpfen haben. Sie erleichtern das Einparken in enge Parklücken und reduzieren das Risiko von Parkschäden.
Wenn der Fahrer nicht schnell genug reagiert, leiten Notbremsassistenten in Notsituationen automatisch eine Bremsung ein.
Spurhalteassistenten helfen dabei, Unfälle durch unbeabsichtigtes Verlassen der Fahrspur zu verhindern. Sie warnen den Fahrer, sobald er ohne Blinken die Spur wechselt, und greifen korrigierend ein, um das Fahrzeug in der Spur zu halten.
Insgesamt tragen Fahrassistenzsysteme zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer auf den Straßen bei, indem sie bestehende persönliche Einschränkungen ausgleichen und potenzielleG efahrensituationen erkennen.
Weitere Maßnahmen
Erfahrungen und Routinen helfen bis zu einem gewissen Grad altersbedingte Leistungseinbußen beim Autofahren zu kompensieren. Besonders ältere Verkehrsteilnehmer sollten schwierige Situationen nicht vermeiden, sondern diese gezielt üben und trainieren. Fahrschulen, bieten bei Bedarf spezielle „Auffrischungstrainings“ für ältere Verkehrsteilnehmer an. Diese Art des Trainings bietet sich auch für alle an, die nach länger Pause gezwungen sind nun wieder selbst zu fahren, denen aber die Fahrpraxis und Übung fehlt.
Die Vereinfachung und Verlangsamung des Verkehrs durch mehr Tempo 30-Zonen, Tempolimits sowie alle Präventions- und Trainingsmaßnahmen helfen, haben aber auch ihre Grenzen. Am Ende müssen wir alle für uns Einsehen, wann es Zeit ist das Autofahren besser einzustellen.
Die individuelle gesundheitliche, geistige und körperliche Verfassung ist entscheidend. Informations- und Assistenzsysteme können helfen. Entscheidend ist: Nur wer regelmäßig fährt, hat Erfahrung, Routine und kennt seine Grenzen. Irgendwann bleibt uns allen keine andere Möglichkeit mehr, als das Fahren aufzugeben. Für dieZukunft benötigen wir alternative Mobilitätskonzepte die es allen Menschen ermöglicht mobil zu bleiben.
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